Erasmus von Rotterdam

Anno 1466 erblickte unser großer deutscher Denker Erasmus von Rotterdam das Licht der Welt. Er selbst nannte sich später Desiderius, was wohl an dem Umstand lag, daß sein Vater Kleriker war und den Pfaffen damals die Eheschließung verboten war. Schelme würden da Arges denken, da ein solches Eheverbot seltsamer Weise das genaue Gegenteil des Ehegebots für die Schriftgelehrten der Selbstauserwählten aus dem Morgenland darstellt. Aber lassen wir das – wenn unser Erasmus auch auf Kriegsfuß mit den besagten Goldstücken stand… Eine Gelehrtenlaufbahn schien ihm beschieden zu sein, aber da unser Erasmus früh seine Eltern verlor und von seinen Vormündern um sein Erbe gebracht wurde, mußte er Mönch werden. Das bescherte ihm zwar die Doktorwürde in der Gotteskunde, leitete sein Denken aber auch auf ungute Bahnen. Mit einem erheblichen Teil seiner 150 Bücher und 2000 Briefe können wir alten Heiden daher nichts anfangen, weil uns christliche Glaubensfragen nicht kümmern. Diese kommen zwar auch in den „Gemeinsamen Gesprächen“ vor, halten sich aber doch in Grenzen – die Plauderei vom Wallfahren lasse ich unseren Erasmus von seinen Werken zum Besten geben: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10576099

„Menedemus.

Was Tausend! Sehe ich da nicht meinen Nachbar Ogygius, der schon seit sechs Monaten niemand mehr zu Gesicht gekommen ist? Es hieß, er sei gestorben. Aber er ist’s wahrhaftig, wenn ich nicht völlig träume. Ich will doch zu ihm hingehen und ihn grüßen. Sei gegrüßt, Ogygius!

Ogygius.

Gleichfalls, Menedemus.

Menedemus.

Welches Land hat dich uns heil wiedergeschenkt? Es ging nämlich hier das böse Gerücht, du hättest die Fahrt über die stygischen Gewässer angetreten.

Ogygius.

Ich bin, dem Himmel sei Dank, inzwischen so gesund gewesen wie kaum je zuvor.

Menedemus.

Möchtest du stets eitles Gerede in dieser Weise Lügen strafen! Aber was hast du denn für Schmuck an? Du bist ja besät mit Muscheln und überall bedeckt mit zinnernen und bleiernen Bildlein und aufgeputzt mit strohgeflochtenen Ketten, und am Arm hast du Schlangeneier Den Vergleich der Rosenkranzkugeln mit Schlangeneiern wird man verstehen.

Ogygius.

Ich habe den heiligen Jakobus in Campostella besucht und dann, von dort heimgekehrt, die bei den Engländern hochberühmte Jungfrau Maria beim Meere Diese Virgo Parathalassia ist die Muttergottes von Walsingham.. Diese habe ich vielmehr neuerdings besucht, denn ich war schon vor drei Jahren dort.

Menedemus.

Aus Herzensneigung, nehme ich an.

Ogygius.

Ja, aus Andacht.

Menedemus.

Ich denk‘, diese Frömmigkeit haben dich die griechischen Autoren gelehrt.

Ogygius.

Die Mutter meiner Frau hatte das Gelübde getan: wenn ihre Tochter einen Knaben gebären werde, so solle ich den heiligen Jakob in eigener Person begrüßen und ihm dafür danken.

Menedemus.

Hast du den Heiligen nur in deinem und deiner Schwiegermutter Namen begrüßt?

Ogygius.

Im Namen der ganzen Familie.

Menedemus.

Ich bin der Ansicht, es wäre deiner Familie um nichts weniger gut ergangen, wenn du den Jakobus ungegrüßt gelassen hättest. Aber, bitte sag‘ mir, was er auf deinen Dank geantwortet hat.

Ogygius.

Nichts; aber wie ich ihm meine Gabe darreichte, schien er zu lächeln und leicht mit dem Kopfe zu nicken; zugleich hielt er mir diese Muschelschale hin.

Menedemus.

Warum schenkt er dergleichen lieber als etwas anderes?

Ogygius.

Weil er daran Überfluß hat bei der Nähe des Meeres.

Menedemus.

O was für ein gütiger Heiliger, der einerseits den Gebärenden Hebammendienste leistet, andrerseits um die Fremden sich bemüht! Aber ist denn das eine neue Art Gelübde, daß ein Müßiger anderen die Arbeit aufladet? Wenn du dich durch ein Gelübde verpflichtetest, ich werde für den Fall, daß dein Vorhaben gut ausfalle, zweimal in der Woche fasten, glaubst du, daß ich das tun würde, was du gelobt hast?

Ogygius.

Ich glaube es nicht, selbst wenn du in deinem eigenen Namen es gelobt hättest. Denn dir macht es Spaß, den Heiligen etwas um den Mund zu schmieren. Aber hier handelt es sich um meine Schwiegermutter; da hieß es gehorchen. Du kennst die Begehren der Frauen, und auch mir war daran gelegen.

Menedemus.

Wenn du das Gelübde nicht gehalten hättest, was für eine Gefahr wäre dabei gewesen?

Ogygius.

Der Heilige konnte mich allerdings nicht vor Gericht fordern, das ist richtig; aber er konnte künftighin gegenüber meinen Wünschen taub sein oder in aller Stille irgend ein Unheil über meine Familie schicken. Du kennst die Art der großen Herren.

Menedemus.

Sag‘ mir: wie steht’s und geht’s mit dem vortrefflichsten Manne Jakobus?

Ogygius.

Weit schlechter als früher.

Menedemus.

Woher kommt das? Von Altersschwäche?

Ogygius.

Du Schwätzer! Du weißt doch, daß die Heiligen nicht alt werden. Aber dieser neue Glaube, der sich weithin über den Erdkreis verbreitet, bewirkt, daß er weniger häufig als sonst begrüßt wird; und wenn Leute kommen, so grüßen sie nur, geben aber nichts oder nicht der Rede wert, mit der Bemerkung, dieses Geld werde besser den Armen zugewendet…“

Kaiser Heinrich der Dritte

Unser alter deutscher Kaiser Heinrich der Dritte wurde Anno 1017 geboren. Anno 1039 folgte er seinem Vater Konrad II. nach und regierte unser altes deutsches Reich bis Anno 1056. Seine Herrschaft war im Reich unangefochten. Den Ungarn schlug er in mehreren Feldzügen aufs Haupt und zog nach Italien. Unser salisches Kaiserhaus befand sich auf dem Höhepunkt seiner Macht und unser altes deutsches Reich erblühte in seinem ungetrübten Glanz. Unserem deutschen Mittelalter fehlte ohne den Minnesang wirklich etwas. https://www.youtube.com/watch?v=3PQaZTMx7Ig Und daher tue ich es der Karo gleich und suche mir zur Feier des Geburtstages von unserem Kaiser Heinrich den Dritten auch ein schönes Stück von unserem Walter von der Vogelweide aus. Und zwar ein Spottlied Walters auf die Paffen:

„Herr Opferstock, berichtet, hat euch der Papst gesendet,

Daß ihr ihn selbst bereichert, uns Arme aber pfändet?

Fließt ihm in vollem Strome das Gold zum Lateran,

Macht er ein Gaunerstückchen, wie er schon oft getan:

Er lamentiert, es müsse das Reich auf Hilfe harren,

Bis neuen Zins abladen des kleinsten Dorfes Pfarren.

Doch fließt vom Silber, fürcht ich, nicht viel ins heilge Land,

Denn nie pflegt zu verteilen den Raub des Pfaffen Hand;

Ihr seid zu unserm Schaden, Herr Opferstock, gesandt –

Ihr sucht hier Törinnen und Narren.“

Mit der hohen Geistlichkeit sollten unsere Salier ja noch ihre liebe Mühe haben. Kaiser Heinrich III. weniger, aber seinen Sohn Heinrich IV. beutelte der Streit mit dem Papsttum gar sehr. Die tückischen Pfaffen verstanden es nämlich mal wieder die innere Zwietracht in unserem alten Reich für ihre finsteren Zwecke auszunützen… Bei unserem Chronisten Friedrich Kohlrausch („Bildnisse der deutschen Könige und Kaiser“) ordnet unser Kaiser Heinrich der Dritte nun noch die verworrenen Verhältnisse in Rom: https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10016311_00005.html

„Es würde Unrecht sein, den Verfall der Kirchenzucht in so früher Zeit und in solchem Maße anzunehmen; so früher Zeit und in solchem Maße anzunehmen, wenn nicht unwiderlegliche Zeugnisse von Päpsten, hohen Geistlichen und frommen Männern auf das Bestimmteste darüber redeten. Ein Grundübel war dabei dieses, daß fast alle geistlichen Stellen, von den höchsten bis zu den niedrigsten, für Geld käuflich waren, besonders in Italien, und daß dadurch so viele unwürdige Menschen auf hohe geistliche Stellen kamen. Auch der Kaiser Konrad war von diesem Mißbrauche nicht freizusprechen, indem er die Bistümer oft gegen reiche Geschenke vergab, um seine geringe Hausmacht auch auf diese Weise zu erhöhen. Es war kein eigentliches Verkaufen, sondern nur die Fortsetzung der alten Sitte, nach welcher Fürsten und Edle, welche zur Belehnung oder mit sonstigen Anliegen am königlichen Hofe erschienen, mit reichen Geschenken zu kommen pflegten, und so nun auch die geistlichen Würdenträger, wenn sie die Belehnung ihrer Güter mit Stab und Ring empfingen. Aber es artete doch oft in einen Handel aus; und wie der Kaiser, so machten es auch die Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte mit den ihnen untergebenen Geistlichen; und wo, wie häufig in Italien, die Großen oder die Gemeinden das Recht der Wahl hatten, da geschah der Handel oft in schamloser Weise. Ja, in Rom selbst kamen diese Übel im großen Maßstabe zum Vorschein, wo die Parteien der mächtigen Großen um das Vorrecht stritten, den päpstlichen Stuhl zu besetzen, wie um diese Zeit besonders die Grafen von Tusculum dieses Recht übten. Wie konnte dabei die Ehrfurcht vor dem päpstlichen Stuhle und die Ausübung des Oberrichteramtes, welches diejenigen, welche die Ordnung der Kirche wünschten, dem Papste so gern beilegen wollten, bestehen? Das Übel war in Rom auf seine höchste Spitze gestiegen, als drei Päpste zu gleicher Zeit sich um den Stuhl Petri stritten. Der Graf Alberich von Tusculum hatte es im Jahre 1033 durch Bestechung einflußreicher Männer und durch Geldverteilung an das römische Volk dahin gebracht, daß sein Sohn Theophylactus, der noch ein Knabe und nicht einmal geweiht war, zum Papste gewählt wurde. Er nahm den Namen Benedikt IX. an, machte sich aber bald durch sein sittenloses Leben verhaßt und verachtet. Gegen ihn erhob das römische Volk, durch große Geschenke bestochen, 1044 den Erzpriester Johannes zum Papste unter dem Namen Gregor VI., und gegen beide wieder wußte der Graf Gerard de Saro mit seiner Partei den Bischof Johann von Sabina als Sylvester III. auf den päpstlichen Stuhl zu erheben. Solchen Unfug konnte der König Heinrich, der eine gründliche Hilfe für die Kirche nur von Rom aus erwartete, nicht länger ruhig ansehen; als die Stimme vieler frommen Bischöfe und Geistlichen ihn um Hilfe anrief, säumte er nicht und zog im Jahre 1046 nach Italien. Zu Sutri hielt er eine große Kirchenversammlung, um der Spaltung des kirchlichen Regiments ein Ende zu machen. Der Papst Gregor VI. erschien selbst, die beiden andern Päpste nicht. Zuerst wurde über Sylvester III. Gericht gehalten; die Synode sprach über ihn, als einen durch Parteigewalt unrechtmäßig Eingedrungenen, das Urteil der Entsetzung und der Einsperrung in ein Kloster. Benedikt IX. hatte schon selbst, in der Schwäche seines Charakters und dem Bewußtsein, sich nicht behaupten zu können, früher sein Amt zu Gunsten Gregors niedergelegt und sich aus sein Landgut zurückgezogen. Mit dem anwesenden Gregor VI, ging man den Weg, daß er selbst die Unrechtmäßigkeit seiner Erhebung durch Bestechung des Volkes einsehen und seine Würde niederlegen möge; der redliche Mann ging daraus ein, stieg vom päpstlichen Stuhle herab und begab sich, auf des Kaisers Befehl, um Unruhen zu verhüten, nach Deutschland. Mt ihm zog ein Mann, der bald in der Geschichte einen der ersten Plätze einnehmen und die wichtigsten Veränderungen einleiten sollte, der Benediktinermönch Hildebrand, ein Schüler und Freund Gregors, der nachherige Papst Gregor VII., von dem unsere Geschichte zu seiner Zeit noch viel zu berichten haben wird. Der Kaiser aber ging nach Rom zu einer neuen Papstwahl. In einer großen Versammlung der Bischöfe, der Großen, des Adels und des Volkes verkündigte er die Erledigung des päpstlichen Stuhles und stellte ihnen die Wahl eines neuen Papstes frei. „Obgleich“, sprach er, „Ihr Römer bis jetzt töricht und mit leichtsinniger Willkür gehandelt habt, so soll dennoch nach alter Sitte die Wahl in Eurer Hand sein.“ Allein Alle antworteten: „In Gegenwart des Kaisers haben wir kein Recht zu wählen, und wenn dieser nicht gegenwärtig ist, so vertritt doch sein Patrizier seine Stelle. Wir haben gefehlt, und da unsere Wahl Unwürdige getroffen hat, so ist es jetzt Eure Sache, die Kirche der Apostel wieder einzurichten.“ Daraus wurde von Geistlichen, Senatoren und dem Volke beschlossen, dem König Heinrich und seinen Nachfolgern die Patrizierwürde zu übertragen, wie einst Karl dem Großen. Heinrich wurde mit einem grünen Gewande bekleidet, der Patrizierring wurde ihm an den Finger gesteckt und ein goldener Reis aus den Kopf gesetzt. Dann baten Alle, er möge nach seiner Weisheit solche Päpste wählen, durch welche die Krankheit der Kirche geheilt werden könne, und schwuren ihm, „nie ohne seine Erlaubnis die Wahl eines Papstes vorzunehmen.“ Der König aber sah sich nach einem würdigen Manne für die höchste geistliche Würde der Christenheit um, und da in Rom kein tauglicher Geistlicher gesunden wurde, der nicht entweder verheiratet oder durch Simonie besteckt gewesen wäre, so wählte er einen Deutschen, den Bischof Suidger von Bamberg, der auch, obgleich mit vielem Widerstreben, unter dem Namen Clemens II. die Würde annehmen mußte…“

Die Befreiung von Metz und die Aufgabe der gallischen Rheinarmee

Bevor man Dummheiten macht, sollte man bedenken, daß es manchmal ziemlich lange dauern kann, bis diese wieder behoben sind. So erging es unserem Ritter Franz von Sickingen, der zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts unsere alte Reichsstadt Metz für den Gallierkönig Franz I. erobert hat. Selbige blieb dann über 350 Jahre den Händen der Gallier. Moltke der Ältere, Prinz Friedrich Karl von Preußen und Feldmarschall Edwin von Manteuffel eroberten Metz Anno 1870 endlich zurück. Und als kleines Trostpflaster mußte sich mit der Festung auch die gallische Rheinarmee ergeben, die mit 200,000 Kriegsknechten ein Großteil der feindlichen Kriegsmacht bildete. Die Kriegsbeute betrug 56 Feldzeichen, 1500 Feldschlangen und 260,000 Feuerwaffen. Damit trugen die blutigen Schlachten von Colombey, Mars-la-Tour, Gravelotte und Noisseville doch noch reiche Früchte und zuvor wurde schon bei Sedan eine reiche Ernte eingefahren. Um seine eingeschlossene Rheinarmee zu retten, hatte der gallische Herrscher Napoleon III. hastig ein Entsatzheer zusammengebracht und wurde mit diesem auf dem Marsch gestellt und ebenfalls umzingelt und zur Aufgabe gezwungen. Bei unserem Chronisten Colmar von der Goltz („Die Operationen der II. Armee. Vom Beginne des Krieges bis zur Kapitulation vom Metz“) verkündet unser Prinz Friedrich Karl nun noch die Einnahme von Metz in einem Armeebefehl: https://archive.org/details/feldzug187071vom01golt
„Dieser Aufschub wurde gleichfalls bewilligt und die nähere Bestimmung für den Ausmarsch in die Beilage des Protokolls aufgenommen. Um zehn Uhr Abends am 27. fand die Unterzeichnung des Protokolls statt. Nach Rückkehr des General von Stiehle in das Hauptquartier Corny wurde alsdann folgende Depesche an des Königs Majestät befördert: „Corny, den 27. Oktober, elf Uhr Abends. Heute Abend zehn Uhr im Schlosse Frescaty Kapitulation durch General von Stiehle abgeschlossen. Am 29. werden 173,000 Mann mit drei Marschällen und über 6000 Offizieren kriegsgefangen und Forts wie Festung Metz von uns besetzt. – gezeichnet Friedrich Carl.“ Die Aufgabe der Zernierungsarmee war erfüllt. Ein Heer, so stark wie dieses, hatte bis dahin noch niemals das Gewehr gestreckt. Die blutigen Tage des August, die Schlacht von Noisseville und das standhafte Ausharren vor der Festung trotz aller Schwierigkeiten und Gefahren trugen jetzt ihre Früchte. Die Trophäen, welche am 14., 16. und 18. August den siegreichen Truppen entgangen waren,– da es dem Feinde gelang, nach seiner Niederlage sich durch kurze Märsche der Verfolgung zu entziehen und den Schutz der Festungswerke zu erreichen – fielen jetzt der Zernierungsarmee in die Hand. Prinz Friedrich Carl richtete an diese nunmehr folgenden Armeebefehl: „Soldaten der I. und II. Armee! Ihr habt Schlachten geschlagen und den von Euch besiegten Feind in Metz 70 Tage umschlossen, 70 lange Tage, von denen aber die meisten Eurer Regimenter an Ruhm und Ehre reicher, keiner sie daran ärmer machte! Keinen Ausweg ließet Ihr dem tapferen Feind, bis er die Waffen strecken würde! Heute endlich hat diese Armee von noch voll 173,000 Mann, die beste Frankreichs, über fünf ganze Armeekorps, darunter die Kaisergarde, mit drei Marschällen von Frankreich, mit über 50 Generalen und über 6000 Offizieren kapituliert und mit ihr Metz, das niemals zuvor genommen.“ Mit diesem Bollwerk, das wir Deutschland zurückgeben, sind unermeßliche Vorräte an Kanonen, Waffen und Kriegsgerät dem Sieger zugefallen. Diesen blutigen Lorbeer, Ihr habt ihn gebrochen durch Eure Tapferkeit in der zweitägigen Schlacht bei Noisseville und in den Gefechten um Metz, die zahlreicher sind, als die es rings umgeben den Örtlichkeiten, nach denen Ihr diese Kämpfe benennt.“ Ich erkenne gern und dankbar Eure Tapferkeit an, aber. nicht sie allein. Beinahe höher stelle ich Euren Gehorsam und den Gleichmut, die Freudigkeit, die Hingebung im Ertragen von Beschwerden allerlei Art. Das kennzeichnet den guten Soldaten. Vorbereitet wurde der heutige, große und denkwürdige Erfolg durch die Schlachten, die wir schlugen, ehe wir Metz einschlossen, und – erinnern wir uns dessen in Dankbarkeit – durch den König selbst, durch die mit Ihm abmarschierten Korps und durch alle diejenigen Kameraden, die den Tod am Schlachtfelde starben, oder ihn sich durch hier geholte Leiden zugezogen. Dies ermöglichte erst das große Werk, das Ihr heute mit Gott vollendet sehet, nämlich daß Frankreichs Macht gebrochen ist. Die Tragweite des heutigen Ereignisses ist unberechenbar. Ihr aber, Soldaten, die zu diesem Ende unter meinen Befehlen vor Metz vereinigt waret, Ihr geht nächstens verschiedenen Bestimmungen entgegen. Mein Lebewohl also den Generalen, Offizieren und Soldaten der I. Armee und der Division Kummer und ein „Glückauf“ zu ferneren Erfolgen.“ Allgemein hatte bei der Kapitulation die große Ziffer der Kriegsgefangenen überrascht. Der Feind erwies sich numerisch stärker, als wie man jemals geglaubt hatte. Die gesamte Armee vor Metz zählte laut Stärkenachweis vom 27. Oktober an Kombattanten incl. der Offiziere, der Artilleriebedienung, der Pioniere, nur: 4050 Offiziere, 167,338 Mann, 642 Geschütze. Die höheren Stäbe und Trainsoldaten sind nicht in die Berechnung gezogen. Ebenso ist hier selbstredend das vor Thionville stehende Detaschement nicht eingerechnet. Bei der hessischen Division und der II. Kavalleriebrigade fehlen in den betreffenden, dem Oberkommando eingereichten Nachweisungen die Offiziere. Sie sind in der oben gegebenen Ziffer 4050 jedoch nach Schätzung in runder Summe eingerechnet worden….“

Feldmarschall August Neidhardt von Gneisenau

„Ich habe Ihnen, mein edler Freund, einen langen Brief schreiben wollen, aber da reist morgen ein Admiral schnell nach Petersburg ab, und mein Brief muß in einer Stunde bei dem Grafen Münster sein. Ich sende Ihnen daher meine Glückwünsche zu über die freudige Wendung, welche die Begebenheiten genommen haben. Charakterstärke hat obgesiegt über die Berechnungen der Arglist. Welch eine Morgenröte geht uns auf! Wenn nur die Mächtigen sie nicht verschlafen, statt sich an ihrem Hauch zu stärken. Hier hätte man große Lust dazu.“

Schreibt unser heutiges Geburtstagskind August Neidhardt von Gneisenau – seines Zeichens preußischer Feldmarschall und Held der Befreiungskriege (geboren Anno 1760 in Schildau) – an unseren großen vaterländischen Dichter Ernst Moritz Arndt und daher schmökern wir zur Feier von Gneisenaus Geburtstag doch etwas in Arndts Buch über die preußische Schilderhebung gegen Napoleon, die unser Gneisenau mit ins Werk gesetzt hat: http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10015239_00001.html

„Die Preußen waren der Erniedrigung des Vaterlandes und der Bundesgenossenschaft mit ihrem Unterdrücker die ungeduldigsten gewesen. Sie waren die ersten, die sich zur Rache aufrichteten, und den übrigen Deutschen ein Beispiel gaben, dem sie nachfolgen sollten. Zuerst vor allen andern nahm ein preußischer Feldherr die Gesinnung seines Königs und das Gefühl seines Volks voraus, und offenbarte, daß er den deutschen Namen und die preußische Ehre fühlte. Kaum nahten die siegreichen Russen den Grenzen Preußens, so wendete der preußische General von York, welcher die preußischen Bundestruppen diesen Sommer mit großer Ehre befehligt halte, sich mit seiner Schar von dem Panier der Franzosen ab, und fiel denen zu, welche kamen, Deutschland zur Freiheit aufzurufen. Das preußische Volk jauchzte der Kühnheit des Feldherrn zu, die hoffende Welt lauschte. Nicht lange, und der König von Preußen reiste von Berlin nach Breslau, und erließ einen Aufruf an die preußische Jungend, sich freiwillig zu rüsten und unter die vaterländischen Fahnen zu stellen. Noch waren einige schwache Seelen, die weissagten, dieser königliche Ruf werde nur gehört, aber nicht verstanden werden; sie weissagten, was sie immer orakelt hatten, der Deutsche sei keiner Aufloderung und Begeisterung fähig, (so sehr waren die deutschen Geschichten vergessen) und verkündeten wie der Prophet Habaduk: wehe, wer zum Holz spricht: wache auf! und zum stummen Stein: stehe auf! Die Jünglinge widerlegten diese Zweifler, sie verstanden den Ruf, und Scharen von Tausenden und Zehntausenden strömten von allen Seiten dem Heere zu und stellten sich als Freiwillige in die Regimenter ein. Damit man auch bei einem Kriege, den man bei der willkürlichen Geschwindigkeit und Geschicklichkeit des französischen Gebieters und bei seinen immer noch großen Hilfsmitteln keineswegs als ein leichtes und schnell zu beendigendes Spiel ansehen durfte, der Zahl nicht zu sehr mangelte, erließ die preußische Regierung Verordnungen über die allgemeine Errichtung einer Landwehr und eines Landsturms, beide zur Ergänzung des ordentlichen Heeres, zur Erweckung des kriegerischen Geistes, und zur Wiederbelebung jenes zu lange vergessenen Gefühls, daß in großen Gefahren des Vaterlandes jeder freie Mann auf der Schwelle seines Hauses oder in den Toren seiner Stadt als Leiche liegen müsse, ehe ein Feind eingehen dürfe. Am wenigsten durften Preußen das versäumen, wodurch ihr Name vor fünfzig, ja noch vor fünfundzwanzig Jahren der größte in Europa gewesen war. Auch war der Befehl des Königs und der Wille des Volks eins: das ganze preußische Land ward ein Übungsplatz, alle Preußen wurden Soldaten, nicht bloß durch das königliche Wort, sondern durch das stolze Herz, das sich lange vergebens gesehnt hatte, gegen Franzosen zu streiten…“

Ursprünglich stand unser Gneisenau im Dienst des Markgrafen von Bayreuth, wechselte aber Anno 1785 zum preußischen Heer. Seine erste große Waffentat war Anno 1807 die Verteidigung unserer preußischen Festung Kolberg. Die er mehrere Monate lang gegen eine vielfache Übermacht der Gallier behauptete und dabei zahlreiche Sturmangriffe abschlug. Er gehörte anschließend zu den wesentlichen Mitarbeitern Scharnhorsts bei der preußischen Heeresreform und wurde Anno 1813 zum Stabschef unseres Feldmarschalls von Blüchers ernannt. Die Siege an der Katzbach, bei Leipzig, Laon und Belle-Alliance sind also nicht unwesentlich auch sein Werk gewesen, wofür er später den Marschallstab verliehen bekam. Anno 1796 nahm er Karoline von Kottwitz zum Weibe, mit der er vier Töchter und drei Söhne zeugte. Von den Schriften unseres Gneisenaus habe ich mir einen Brief an unseren Freiherrn vom Stein ausgesucht, in welchem unser Heerführer seiner Lieblingsbeschäftigung nachgeht, nämlich dem welschen Unhold Napoleon den Garaus zu machen:

„Eure Exzellenz gütige Zuschrift aus Langres habe ich heute erhalten. Die Zusicherung, die Sie mir darin über die Beharrlichkeit des Kaisers Alexander geben, belebt meine schon beflügelten Hoffnungen aufs neue. Wenn der edle Kaiser in einem solchen Sinne verfährt, so rettet er nicht allein, wie er bereits getan hat, ganz Europa, sondern er wird auch der Wohltäter Frankreichs. Warum sollte er nicht ein Ungeheuer vom Thron stoßen, daß den seinigen umzustürzen vorhatte? Er ist es seiner Nation und der Geschichte schuldig, eine solche Nationalrache zu nehmen. Knesebeck schreibt mir, es wäre nun, auf den Punkten, worauf die Armeen angekommen sind, zeitgemäß einen Waffenstillstand zu machen, wäre es auch nur, um Zeit zu gewinnen und zu erfahren, wo der Feind stehe. Dies sind bedenkliche Dinge und Reden; ich muß dagegen warnen. I. Die feindliche Armee ist schwach, von schlechter Zusammensetzung und mutloser Stimmung. Dies sagen einstimmig alle Nachrichten, die uns durch unsere Kundschafter, durch die Royalisten und selbst durch Angestellte der Bonaparteschen Regierung zukommen. Unser Oberstleutnant von Oppen hat das Nachrichtenfach in guter Ordnung. Er, der General Müffling, wir alle, können an Truppen, die aus Belgien, an der angefallenen Grenze und in Paris gesammelt werden mögen, nicht mehr als 80,000 Mann zusammenrechnen; aber wenn es auch 100,000, selbst 120,000 Mann wären, wie könnte sich eine solche Armee gegen unsere Truppen wehren? Ich habe die Gelegenheit genommen, den Rittmeister Pancziulicheff, einen intelligenten russischen Offizier, bei Gelegenheit eines von der Garnison von Stettin zu Napoleon gehenden Obersten mit ihm zu dem nächsten feindlichen General zu senden, um zu sehen. Er kann nicht genug den schlechten Zustand der feindlichen Truppen schildern. Seinen Bericht lege ich Eurer Exzellenz zu weiterem Gebrauch bei. Und mit solchen Truppen sollten wir Waffenstillstand oder gar Frieden schließen? Wir, mit einer großen Armee im Gefühl ihrer Siege? Von Moskau gekommen, um wenige Märsche von Paris sich durch einen verruchten Verräter täuschen zu lassen? II. Die Stimmung ist durchweg gegen Napoleon. Man ist seiner Tyrannei und seiner Ehrsucht müde. Seinen Lügen glaubt man nicht mehr. Wäre ein Bourbon bei unseren Armeen und verspräche man Amnestie, Beibehaltung der Plätze und so weiter, alles würde sich offen für uns erklären. Die herrschende Furcht ist, wir möchten Frieden schließen und ihnen den Tyrannen lassen. III. Man lasse sich nicht durch die Vorspiegelungen täuschen, der Feind könne sich gegen unsere Kommunikation mit dem Rhein bewegen, während wir dies gegen Paris tun. Der Feind hat zu einer solchen Offensive keine Kräfte. Aber gesetzt, er hätte sie und er versuchte diese Offensive, so müßten wir gerade deshalb auf Paris los eilen, weil wir dies dann um so schneller tun könnten. In der Hauptstadt Frankreichs ist alles zentralisiert, die Meinung, die Literatur, die Regierung, die Hilfsmittel. Was in Frankreich durch Geburt, Reichtum, Rang, Talente eminent ist, wohnt in der Hauptstadt, nicht, wie meist anderswo, auf dem Lande. Die Hauptstadt Frankreichs erobern will daher mehr bedeuten als Wien oder Berlin in Besitz zu nehmen. Mit dem Besitz der Hauptstadt lähmen wir alle Nerven der Regierung und gebieten den Frieden. IV. Ich bin daher der Meinung, daß Napoleon sich unmittelbar vor Paris aufstellen wird, und zwar um so mehr, da die Stimmung in Paris sehr zweideutig ist und nur die Gegenwart einer Armee ihm die Ruhe der Hauptstadt verbürgt. Dort hat er den ganzen Apparat der Regierung in seinen Händen, Senatoren, Staatsräte, Polizei und Gendarmen. V. Besser ist, den Frieden zu gebieten als darum zu unterhandeln. Die Diplomaten sind ein eitles Volk; ein bestimmter Zeitraum kann ohnedies nicht einer diplomatischen Verhandlung angewiesen werden; jene werden also, wenn man in eine Unterhandlung mit Waffenstillstand willigt, diese über die Gebühr verlängern und Napoleon eine für sich kostbare Zeit gewinnen. Strategie ist die Wissenschaft des Gebrauchs von Zeit und Raum. Ich bin weniger geizig auf diesen als auf jene. Raum mögen wir wiedergewinnen; verlorene Zeit nie wieder. Daher zur Schlacht, ehe sich der Feind besinnt. Sie wird weder blutig noch gefährlich sein. Die Vorsehung hat uns hierher geführt. Wie mögen Rache nehmen für so viele über die Völker gebrachte Leiden, für so viel erduldeten Übermut, damit das Discite iustitiam moniti non temnere divos bewährt werde. Tun wir es nicht, so sind wir Elende, die es verdienen, alle zwei Jahre einmal aus ihrer trägen Ruhe geschreckt und mit der Sklavengeißel bedroht zu werden. Von des edlen Alexander Seit kann uns so etwas nicht kommen; aber ich kenne wohl Leute, die stets Gespenster sehen…“

Feldmarschall Helmuth von Moltke der Ältere, unser großer Schweiger

Wiederum muß getrunken werden: Denn Moltke der Ältere, unser Feldherr in den Einigungskriegen gegen die Gallier, Dänen und Österreicher hat heute Geburtstag (im Jahr 1800 in Parchim, um genau zu sein). Moltke der Ältere ist ein Feldhauptmann unter dem man gerne dient, da bei diesem der Sieg schon (fast) sicher ist. Beispielsweise in der Schlacht von Sedan, wo er die Macht der Gallier gebrochen hat und dabei auch in die Fußstapfen unseres möglichen Erschaffers Julius Cäsar getreten ist. Der Cäsar belagerte nämlich damals bei Alesia ein gallisches Heer und Schlug den Entlastungsangriff eines weiteren Gallierheeres ab. So tat es auch unser Moltke: Bei Metz belagerte er die Hauptstreitmacht der Gallier und bei Sedan kesselte er die Entsatzarmee ebenfalls ein und rieb diese gänzlich auf, womit der Krieg im Wesentlichen entschieden war. Ein Cannä war die Schlacht von Sedan im Jahre 1870 freilich nicht, da unserem Moltke 200,000 Recken und 770 Geschütze zur Verfügung standen, während die Gallier mit 130,000 Kriegsknechten und 560 Kanonen anrückten. Unser Moltke war also deutlich überlegen und damit hätten es die Gallier eigentlich gleich sein lassen können… Nicht nur Feldherr, sondern auch Geschichtsschreiber war unser Moltke und daher berichtet er uns nun vom Beginn der epischen Schlacht von Sedan: https://archive.org/details/geschichtedesdeu00moltuoft

„Um, mit der Maasarmee zusammenwirkend, den Feind in seiner Stellung festzuhalten, schickte General von der Tann schon um vier Uhr früh im dichten Morgennebel seine I. Brigade über die Pontonbrücken gegen Bazeilles vor. Sie drang in den Ort ein, fand aber nun die Straßen barrikadiert und wurde aus allen Häusern beschossen. Unter großen Verlusten zwar drang die vorderste Kompanie bis an den Nordausgang vor, während die übrigen, in heftigen Häuserkämpfe begriffen, durch das Hinzutreten einer zweiten Brigade des französischen 12. Korps aus dem westlichen Teile von Bazeilles verdrängt wurden. Sie behaupten sich aber in den Baulichkeiten am Südausgange und schritten von dort zu erneuten Angriffen. Da von beiden Seiten immer frische Truppen herbeigeführt wurden, auf französischer Seite sogar eine Brigade des 1. und eine des 5. Korps, so dauerte das hin- und herwogende blutige Gefecht, besonders gegen die dem Ausgange vorliegende und die Hauptstraße der Länge nach herrschende Villa Beurmann, Stunden lang fort. Die Einwohner beteiligten sich lebhaft an dem Kampfe, und so mußten denn auch gegen sie die Waffen gekehrt werden. Die starke Artillerie vom linken Talrand der Maas hatte natürlich gegen das dicht angefüllte zum Teil schon brennende Bazeilles nicht wirken können; nachdem aber um acht Uhr die preußische VIII. Division bei Remilly eingetroffen war, warf General von der Tann seine letzten Brigaden in das Gefecht. Der unmauerte Park des Schlosses Monvillers wurde erstürmt und der Eingang zur Villa Beurmann gewonnen. Um neun Uhr ging dann die Artillerie über die Brücke vor, und die VIII. Division wurde ersucht, den Kampf zu unterstützen, in welchem der rechte Flügel der Bayern auch nördlich Bazeilles bei Moncelle eingetreten war. In dieser Richtung hatte bereits um fünf Uhr früh Prinz Georg von Sachsen von Douzy aus sieben Bataillone als Avantgarde vorgeschickt. Sie vertrieben die Franzosen aus dem Ort, drangen nach Platinerie und der dortigen Brücke vor und besetzten, trotz heftigen Feuers des Gegners, die jenseits des Givonne-Baches belegenen Häuser, welche sofort zur Verteidigung eingerichtet wurden. Die Verbindung mit den Bayern war hergestellt und die Avantgarden-Batterie am östlichen Talhang aufgefahren, aber weitere Unterstützung durch Infanterie konnte dem kühnen Vorstoß vorerst nicht gewährt werden. Marschall Mac-Mahon war schon um sechs Uhr früh bei Moncelle durch einen Granatsplitter verwundert worden. Er hatte, mit Übergehung von zwei älteren Korpsführern, den General Ducrot zu seinem Nachfolger im Oberbefehl bestimmt. Hiervon um sieben Uhr benachrichtigt, erteilte dieser General die nötigen Befehle, um noch jetzt die Armee bei Illy zu versammeln und dann sofort den Rückzug auf Mezieres anzutreten. Bereits hatte er von seinem Korps die Division Lartigue zur Sicherstellung des Übergangs bei Daigny abgeschickt, den Divisionen Lacretelle und Bassoigne befohlen, die Offensive gegen die Sachsen und Bayern zu ergreifen, um Zeit für den Rückzug der übrigen Abteilungen zu gewinnen. Die in zweiter Linie stehenden Divisionen brachen sogleich in nördlicher Richtung auf. Nun hatte aber der Kriegsminister dem kürzlich ans Algier eingetroffenen General von Wimpffen das Kommando des V. Korps an Stelle des Generals de Failly erteilt und ihm zugleich eine Vollmacht mitgegeben, nach welcher er, im Fall einer Behinderung des Marschalls, dem Oberbefehl der Armee übernehmen sollte. General von Wimpffen wußte, daß die Truppen des Kronprinzen bis Donchery heran standen. Er hielt den Rückzug nach Mezieres für völlig unausführbar und wollte im geraden Gegenteil nach Carignan durchdringen, nicht zweifelnd, daß er die Bayern und Sachsen überrennen und so zum Anschluß an den Marschall Bazaine werde gelangen können. Als er daher die Anordnungen des Generals Ducrot erfuhr, auch ein Angriff auf Moncelle anscheinend günstigen Verlauf nahm, machte er – zu seinem Unstern – die ihm erteilte Vollmacht geltend. General Ducrot fügte sich ohne Weigern, es mochte ihm vielleicht nicht unlieb sein, sich einer schweren Verantwortung entledigt zu wissen. Alsbald wurden die abziehenden Divisionen der zweite Linie zurückbeordert, und unter dem Vorstoß der bereits zum Angriff vorschreitenden der ersten gerieten nun die weit vorgeschobenen schwachen bayerischen und sächsischen Abteilungen in schwere Bedrängnis. Schon morgens sieben Uhr, als das eine Regiment der sächsischen Avantgarde in Moncelle eindrang, hatte das andere sich rechts gegen das von Daigny drohende Vorgehen der Division Lartigue wenden müssen. Gegen dasselbe entspann sich alsbald ein lebhaftes Feuergefecht. Das Regiment hatte beim Abmarsch die Tornister zurückgelassen und versäumt, die Patronen herauszunehmen. Seine Taschenmunition erschöpfte sich bald, und die wiederholten heftigen Angriffe der Zouaven, besonders gegen den ungedeckten rechten Flügel, mußten mit dem Bajonett zurückgewiesen werden. Zur Linken hingegen hatte sich nach und nach eine starke Artillerielinie gebildet, welche um achteinhalb Uhr auf zwölf Batterien anwuchs. Jetzt aber war auch die Division Lacretelle an den Givonne-Grund herangerückt, und dichte Tirailleurschwärme nötigten um neun Uhr die deutschen Batterien, abzufahren. Doch nahmen sie in etwas größerer Entfernung wieder Stellung, trieben durch ihr Feuer den Gegner in das Tal zurück und gingen dann in die frühere Position aufs Neue vor…“

Karl vom Stein, unser preußischer Erneuer

Heute muß wahrhaft getrunken werden! Unser Freiherr vom Stein hat nämlich Geburtstag. Der große preußische Staatsmann und notorische Napoleon-Feind (ein jeder braucht ja auch eine Freizeitbeschäftigung) erblickte Anno 1757 das Licht der Welt. Zum Geburtstag bekommt unser Stein den Hohenfriedberger Marsch gespielt: https://www.youtube.com/watch?v=bkhOxFtj7Eo An seinem Preußentum bestehen keinerlei Zweifel, so sagt unser Stein über den Soldatenkönig und den alten Fritz etwa:

„Friedrich Wilhelm der Erste herrschte selbständig, beratschlagte, beschloß und führte aus durch und mit seinen versammelten Ministern. Er bildete die noch vorhandenen Verwaltungsbehörden und regierte mit Weisheit, Kraft und Erfolg. Friedrich der Große regierte selbständig, verhandelte und beratschlagte mit seinen Ministern schriftlich und durch Unterredung, führte durch sie aus, seine Kabinettsräte schrieben seinen Willen und waren ohne Einfluß. Er besaß die Liebe der Nation, die Achtung seiner Bundesgenossen, das Zutrauen seiner Nachbarn.“

Nachdem unser Freiherr von Stein Anno 1808 von Napoleon geächtet wurde, begab er sich Anno 1812 nach Rußland und trug dort seinen Teil zur Niederlage Napoleons bei:

„Er begann den 22. und 23. Juni 1812 mit dem Übergange Napoleons über den Niemen bei Kauen und so weiter. Man erfuhr ihn plötzlich, unerwartet, zufällig, und am 28. Juni verließ ich in der Gesellschaft des Grafen Kotschubey Wilna morgens um 9 Uhr. Denselben Tag insurgierten bereits die polnischen Studenten dieser Universität und zog sich Barclay fechtend mit den Franzosen aus der Stadt. Graf Kotschubey und ich begleiteten den Kaiser, trennten uns bald von ihm und gingen über Druja nach Janinow bei Drissa, wo die große Armee unter Barclay in das verschanzte Lager allmählich einrückte. Nach Janinow brachte Herr von Anstett das von ihm mit großer Beredsamkeit entworfene Manifest gegen Napoleon, es wurde aber zurückgehalten. Hier vereinigten sich mehrere Generale, als Jermolow, Pauluzzi und so weiter, auch Barclay, um den Kaiser zu bitten, entweder das Armeekommando unmittelbar zu übernehmen, oder sich von der Armee zu entfernen, um die zu ihrer Unterstützung nötigen Streitkräfte und Hilfsquellen zu entwickeln. Zugleich stellte man ihm die Notwendigkeit vor, daß die Armee das Lager bei Drissa verlasse, weil der Feind bei Polozk übergehe und sich auf ihre Rückzugslinie stellen könne. Bagrazion hatte sich verspätet, war außer Verbindung mit Barclay gekommen und eilte nun nach dem Dnjepr zu, um hinter demselben seine Verbindung wiederherzustellen. Der Kaiser entschloß sich, die Armee zu verlassen und nach Moskau zu gehen, von dort aus die Nation zur Anstrengung aller Kräfte aufzufordern. Ich folgte ihm nach dieser unermeßlichen reichen Hauptstadt, wo sich bei dem zahllosen, von allen Seiten herbeiströmenden Volk ein hoher Grad von religiösem und nationalem Enthusiasmus aussprach und alle Klassen sich beeiferten, durch Geld und Milizstellung diesen Enthusiasmus zu betätigen und ihre tiefe Verehrung für ihren Kaiser zu äußern. Der Anblick der ihn umgebenden und fast anbetenden Menge, ihre Frömmigkeit, womit sie den Kirchen zuströmte und mit glühender Andacht betete, war herzerhebend, begeisternd. – Der Kaiser hatte in Abo eine Zusammenkunft und sicherte sich durch den dortigen Frieden (4. August) die Ruhe in Finnland und den Gebrauch des dort stehenden Armeekorps; er kehrte nach Petersburg zurück, wohin ich ihm (August 1812) über Twer folgte. Hier machte ich der Großfürstin Katharina, Gemahlin des Prinzen Georg, meine Aufwartung, die nach Jaroslaw in das Innere von Rußland ging; wenige Monate darauf verlor sie ihren Gemahl. In Petersburg wurde das deutsche Komitee in Tätigkeit gesetzt; die Stelle des Prinzen Georg nahm sein Herr Vater ein, der Herzog von Oldenburg, ein sehr sittlicher, unterrichteter, aber höchst förmlicher, in sich selbst abgeschlossener, starrsinniger Fürst, einseitig, kleinlich, enge in seinen Ansichten, mit dem ich mich nicht vertrug. Unter ihm leitete das Geschäft der Bildung der russisch-deutschen Legion Major von Stülpnagel, ein preußischer Offizier, durch dessen Beharrlichkeit, Geduld und Einsicht die Sache so weit zustande kam, daß man im Frühjahr 1813 mit zwei Regimentern Infanterie, zwei Regimentern Kavallerie und einer Batterie an die Elbe rücken konnte. Die Errichtung selbst begann in Reval, nachher wurde der Sammelplatz nach Wiborg verlegt, wo der Herzog beabsichtigte, mit den wenigen hundert Mann, aus denen die Legion damals bestand, Finnland gegen den Angriff der Schweden, den er besorgte, zu verteidigen. Zu dieser Zeit kamen Oberst Tettenborn und Professor Arndt nach Petersburg, jener als ein tüchtiger Kavallerieoffizier, dieser als geistreicher, freimütiger, politischer Schriftsteller bekannt, er erhielt für die Redaktion mehrerer zur Verbreitung in Deutschland dereinst bestimmter Schriften eine Pension vom deutschen Komitee. Auf Vorschlag des Fürsten Soltikoff, Erziehers des Kaisers, und des Ministerialkomitees ernannte der Kaiser Kutusow zum Oberfeldherrn. Die Fortschritte der Franzosen erregten eine dumpfe Unruhe in Petersburg; man suchte zwar die Gemüter zu heben durch eine pomphafte Bekanntmachung des Sieges bei Borodino in der Kirche von Kasan, es war aber eine mit beiderseitiger Tapferkeit und großem Verlust gefochtene und für die Russen verlorene Schlacht. Als man während zehn Tagen nichts von dem Heere erfuhr und die Räumung von Moskau bekannt wurde, so nahmen die Besorgnisse zu, mit ihnen Haß gegen die Fremden, Drohungen gegen sie, Verdacht der Verräterei. Viele der Umgebungen des Kaisers, zum Beispiel Graf Arackzeyef, drangen auf Frieden. Alles war zur Reise der kaiserlichen Familie nach Olonez bereit – als man endlich Nachrichten vom Dasein des Heeres und seinem Rückzug gegen Kaluga erhielt, so wurde man ermutigt, die Bildung der Milizen ging vorwärts, die Nachrichten von den Plünderungen der Franzosen, der Brand Moskaus, das Stillstehen der feindlichen Armee, die freiwillige Waffenergreifung des Landvolkes: alles erbitterte und erhöhte den Wunsch nach Rache und die Kriegslust bei allen Ständen, man rühmte sich jedes Verlustes, den man durch Plünderung und Brand erlitten hatte. Der Kaiser berief in dieser Zeit den bekannten Sir Francis Divernois, um einen Plan zur Verbesserung der Kurse der Banknoten oder des Papiergeldes zu entwerfen; ihr Kurswert war der vierte Teil des Nominalwertes. Er schlug vor, sie zu devalvieren oder ihren Nominalwert auf einen aliquoten Teil herunterzusetzen, zum Beispiel 100 auf 30, und für die devalvierten 70 den Inhabern eine zinstragende Obligation zu geben. General Armfeld machte mir bekannt, der Kaiser wolle mir den Plan des Herrn von Divernois zur Prüfung und Beurteilung mitteilen; ich erklärte ihm, ich könne wohl die allgemeinen Prinzipien, worauf der Plan beruhen werde, nicht aber als ein Fremder seine Anwendbarkeit auf Rußland beurteilen, ich müsse also vor allen Dingen auf Ernennung einer aus inländischen Geschäftsleuten und besonders dem Finanzminister Gourief bestehenden Kommission antragen; sie wurde ernannt und ich ihr beigeordnet. – In meinen zu übergebenden Memoiren führte ich aus: I. daß der Wert des Papiergeldes sich nicht genau nach dem numerischen Verhältnis der Zirkulationsmittel richte, daß dessen Verminderung keine verhältnismäßige Minderung der Preise zur Folge haben werde, wie man neuerlich im Österreichischen 1811 erfahren; II. daß die gegenwärtigen Inhaber der Banknoten, die sie nach dem Kurs angenommen, durch die ihnen zugestellten Obligationen auf einmal wegen eines Verlustes bereichert würden, den sie nicht erlitten, da er langsam sich gebildet und allmählich auf die früheren Inhaber sich verteilte. III. Die Kommission bemerkte noch, daß bei der Unkunde der Volksmasse mit Papierverkehr diese Obligationen nicht ihr, sondern einer Anzahl listiger Wucherer werden zustatten kommen. Der Plan wurde verworfen…“

Die Schlacht von Tours und Poitiers oder die Rettung des Abendlandes

„Die Hauptschlacht ist um ihrer selbst willen da, um des Sieges willen, den sie geben soll, und der in ihr mit der höchsten Anstrengung gesucht wird. Hier an dieser Stelle, in dieser Stunde den Gegner zu überwinden, ist die Absicht, in welcher der ganze Kriegsplan mit allen seinen Fäden zusammenläuft, alle entfernte Hoffnungen und dunkle Vorstellungen von der Zukunft sich zusammenfinden; es tritt das Schicksal vor uns hin, um die Antwort auf die dreiste Frage zu geben. – Dies ist die Geistesspannung, nicht bloß des Feldherrn, sondern seines ganzen Heeres bis zum letzten Troßknecht hinab; freilich in abstufender Stärke, aber auch in sich abstufender Wichtigkeit. Zu allen Zeiten und nach der Natur der Dinge waren Hauptschlachten niemals unvorbereitete, unerwartete, blinde Dienstverrichtungen, sondern ein großartiger Akt, der aus der Masse der gewöhnlichen Tätigkeiten teils von selbst, teils nach der Absicht der Führer hinreichend hervortritt, um die Spannung aller Gemüter höher zu stimmen. Je höher aber diese Spannung auf den Ausgang ist, um so stärker muß die Wirkung desselben sein.“ (Carl von Clausewitz)

Anno 732 wird es auch so bei Tours und Poitiers gewesen sein. Denn hier schlug unser fränkischer Hausmeier den Arabersturm ab. Deren Monty Rahman fand auf der Walstatt den Tod und sein Heer entfloh in der folgenden Nacht. Für die Sarazenen änderte ihre Niederlage in Gallien wenig. Sie saßen weiterhin ungestört in Spanien und erst Karls des Hammers Enkel Karl der Große sollte sie dort bekriegen. Wir Deutschen kämpften bei Tours und Poitiers dagegen mal wieder um unser Dasein. Denn ob unser Frankenreich eine schwere Niederlage überstanden haben würde muß bezweifelt werden. Unser Westgotenreich hat sich von seiner Niederlage Anno 711 am Fluß Guadalete nicht wieder erholen können und keine zweite Feldschlacht gegen die Sarazenen zustande gebracht… Wie stark beide Heere waren, wissen wir nicht. Die Mönche übertreiben aber, wenn sie sie uns von 370,000 erschlagenen Sarazenen berichten. Vernichtet wurde das Heer der Sarazenen in der Schlacht von Tours und Poitiers nicht, sondern flüchtete nach dem Tod seines Montys Rahman. Karl der Hammer rechnete eigentlich mit einer Erneuerung des Kampfes und vermutete daher einen Hinterhalt der Sarazenen als er deren Feldlager am nächsten Morgen verlassen fand. Bei den Sarazenen muß man da ja immer auf der Hut sein, da diese oftmals solche Schliche versuchen. Man denke hier an die Schlacht bei Kroton Anno 982… Bevor Karl der Hammer die Sarazenen bei Tours und Poitiers schlagen konnte, mußte er zuerst einmal das Frankenreich erneuern und ordnen und so begeben wir uns bei unserem Chronisten Theodor Breysig („Jahrbücher des fränkischen Reiches. 714 – 741“) mit unserem Hausmeier nach Bayern: https://reader.digitale-sammlungen.de//de/fs1/object/display/bsb10800605_00001.html

„Karl war im Jahre 728 zum zweiten Male in Bayern und hatte daselbst zu kämpfen; über die Veranlassung des Heereszuges sowie dessen Folgen liegen keine sicheren Nachrichten vor. Es scheint, daß Herzog Grimoald nicht die ihm im Jahre 729 auferlegten Bedingungen im Verhältnis; zu Hukbert gehalten habe, Karl aber diesem zu Hilfe gezogen sei und Grimoald zur Ruhe gezwungen habe. Erst im folgenden Jahre 729 fiel letzterer durch Meuchelmörder, so daß seitdem Hukbert der alleinige Herzog Bayerns wird. Da die Zustände dieses Landes seit 728 so geordnet blieben, daß bis zum Tode Karls 741 kein neuer Kriegszug dahin nötig war, so ist es klar, daß Karl an dem Herzoge einen ergebenen Klienten hatte und die Verhältnisse des Herzogs zu dem fränkischen Könige und Majordomus einen festen Abschluß bei der letzten Anwesenheit Karls in Bayern erhalten haben. Zu dieser Zeit mag es geschehen sein, daß die rechtlichen Verhältnisse des Herzogs zu dem merowingischen Könige durch einen Zusatz zu dem alten bayrischen Gesetze genauer bestimmt wurden, daß in ihnen eine größere Unterordnung des Herzogs unter den fränkischen König ihren Ausdruck fand. Während nämlich in den andern Teilen des Gesetzbuches der König nur zweimal erwähnt wird, geschieht dies häufiger in den beiden ersten Titeln, ja es behandelt ein Abschnitt sogar ausdrücklich die Abhängigkeit der bayrischen Herzöge von den fränkischen Königen. Nach diesem Zusatze hat der König das Recht, den Heerbann aufzubieten, den Verbrechern im Heere das Leben zu schenken, den Befehl zu geben, einen Menschen zu töten, sowie es der Herzog selbst im Lande hat. Der König schützt den Herzog gegen dessen Söhne, wenn sie ihn der Regierung berauben wollen, er aber weder blind noch taub ist und den Befehlen des Königs in allen Verhältnissen nachkommen kann. Wenn der rebellische Sohn der einzige überlebende Erbe ist, so steht es in des Königs Macht, die Erbschaft, wem er will, zu schenken. Wenn aber der regierende Herzog die Beschlüsse des Königs nicht befolgt, so soll er des Geschenkes, das ihm mit der Würde des Herzogtums gegeben worden ist, verlustig gehen, er soll wissen, daß er verdammt sei und die Kraft des Heils ihm verloren gehe. Da nach diesen Zusätzen der König und Herzog dieselben Rechte haben, der Herzog aber doch nur der Stellvertreter der höheren königlichen Gewalt ist, wenn er auch nach den ältesten Bestimmungen des Gesetzes aus der Familie der Agilolfinger stammen muß und das Volk bei seiner Wahl beteiligt ist, indem der fränkische König den Herzog zu bestätigen hat; so ist die Verwandelung des im alten Gesetz für einen Anschlag auf des Herzogs Leben oder seine Ermordung fest gesetzten Wehrgeldes in Todesstrafe und Güterkonfiskation dahin zu erklären, daß in der Person des Herzogs der Stellvertreter des Königs beim Volke in ein höheres Ansehen gesetzt werden sollte. Wenn schon die Angelegenheiten Bayerns durch die spärlichen Nachrichten sehr dunkel blieben, so sind die Darstellungen der alamannischen und sächsischen Verhältnisse in den Jahren 725-730 gänzlich auf Vermutungen verwiesen. Der Herzog Lanfrid zeigt durch die von ihm mit Genehmigung seiner Großen und des gesamten Volkes unternommene Gesetzesrevision, daß er eine ganz unabhängige Stellung von dem Frankenreiche einnahm; denn bisher hatten die Könige der Franken die Gesetze der Alamannen aufschreiben und revidieren lassen. Die Veränderungen aber, die von Lanfrid gemacht werden, beziehen sich keineswegs auf eine selbständige Stellung gegen den fränkischen Fürsten, sondern zeigen alle nur einen der Geistlichkeit sehr günstigen Sinn; denn es werden die Vergehen gegen die Sicherheit der Personen und Sachen, die der Kirche gehören, mit strengen Strafen belegt, oder sie fügen zu der weltlichen Strafe noch die kirchliche hinzu; sie dehnen das Eheverbot auf die Verheiratung mit der Tochter der Schwester aus, sie erklären für unstrafbar, in seinem Hause und in der Kirche Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Ob Lanfrid diese Veränderungen gemacht habe, um sich in der Geistlichkeit eine Partei gegen diejenigen Alamannen zu gewinnen, welche mit den Aufständischen gegen die Franken nicht einverstanden waren, ob er dadurch beabsichtigte, die alten Standesunterschiede des Volkes wiederherzustellen, sind nur vage Vermutungen. Wann aber Lanfrid diesen Schritt zur Lösung des bestehenden Rechtsverbandes zwischen seinem Herzogtume und dem Frankenreiche getan hat, läßt sich mit einiger Sicherheit feststellen. Da Karl mit seinem Heerbann 725 und 728 durch Alamannien nach Bayern zog, so ist es sicher, daß unter solchen Verhältnissen der Abfall nicht gewagt werden konnte; eine passendere Zeit war das Jahr 729, in welchem Karl einen Heereszug gegen die Sachsen zu unternehmen beschloß und ihn vorbereitete. Der Sachsenkrieg wird aber nicht begonnen, dagegen zieht Karl im Jahre 730 gegen Lanfrid; demnach ist es sehr wahrscheinlich, daß der im Jahre 729 beginnende Abfall des Alamannenherzogs den Majordomus bewogen habe, den Sachsenkrieg aufzugeben, und seine Macht im folgenden Jahre gegen den Südosten zu wenden. Lanfrid stirbt im Jahre 730 eines natürlichen Todes. Der Kampf scheint durch diesen Todesfall beendigt zu sein; Karl ließ die Veränderungen im Gesetze bestehen, verwarf also nicht, was die Großen des Reichs mit Lanfrid unternommen hatten, wozu das Volk seine Beistimmung gegeben hatte; es ist wahrscheinlich, daß er mehr mit der persönlichen Haltung des Herzogs als mit dem Verhalten des alamannischen Volkes unzufrieden gewesen sei. Welche Einwirkung Karl auf die Nachfolger gehabt, wird nicht überliefert; es ist ja überhaupt unbekannt, nach welchem Rechte, ob durch Erbschaft, ob durch Wahl die alamannischen Herzoge einander gefolgt seiend) Die Verhältnisse des Jahres 730 machen es wahrscheinlich, daß der Bruder Lanfrids, Theutbald, die Regierung übernommen habe, nachdem er Karl Gehorsam gelobt hatte. Feindseligkeiten gegen Karls Schützlinge büßte Theutbald etwa im Jahre 732 mit seiner Vertreibung. Erst nach dem Tode Karls 741 kehrt er zurück und beginnt vom Elsaß aus einen Aufstand. Alamannien wird aber von Karl selbst im Jahre 741 seinem Sohne Karlmann als den ihm zufallenden Reichsteil zugeteilt, und daraus ist mit Sicherheit zu entnehmen, daß in den letzten Jahren Karl Martells, etwa seit der Vertreibung Theutbalds, Alamannien in enger Abhängigkeit zu dem fränkischen Reiche gestanden habe. Es fehlte seitdem nur noch die strengere Abhängigkeit Burgunds und Aquitaniens, um die Macht des merowingischen Reiches zu den Zeiten seiner Blüte wiedergewonnen zu haben, und Karl wurde durch die Verwickelungen beider Länder mit den Sarazenen in ihre Verhältnisse derart hineingezogen, daß es ihm gelang, aus ihrem Schutzherrn ihr unmittelbarer Herr zu werden…“

Die Schlacht von Karfreit oder die zwölfte Isonzoschlacht

Bei Karfreit schlug unser Feldhauptmann Otto von Below Anno 1917 den Italienern derart aufs Haupt, daß diese vom Isonzo hinter die Piave flüchten mußten. Damit verloren die Italiener mit einem Schlag die Früchte von elf großen Schlachten. Denn bevor unsere XIV. Armee herbeieilte, stand die ostmärkische Front vor dem Zusammenbruch. Mit nur 400,000 Recken und 3300 Feldschlangen trat unser Feldhauptmann von Below zum Sturm auf die starken Stellungen der Italiener an. Diese hatten 850,000 Kriegsknechte und 3600 Feldschlangen aufgeboten. Ein verwegener Flankenangriff hob die italienischen Stellungen aus der Angel und führte zur nahezu vollständigen Vernichtung der italienischen Armee. An Toten, Verwundeten und Gefangenen verloren die Italiener rund 400,000 Mann und hatten zudem 300,000 Versprengte und Fahnenflüchtige. Entsprechend gewaltig war auch die Kriegsbeute. Es wurden 3500 Feldschlangen, 1730 Minenwerfer, 2900 Maschinenwerfer und 300,000 Gewehre nebst jeder Menge anderem Kriegsmaterial erbeutet. Würden wir über mehr Streitmittel verfügt haben, so wäre ein Vorstoß auf Rom durchaus möglich gewesen. So aber mußte unsere XIV. Armee bald wieder an die Westfront verlegt werden. Unser General Alfred Krauß kommt mit seinem Schlachtbericht („Der Durchbruch von Flitsch“) nun zu Ende: http://www.stahlgewitter.com/erlebnisberichte/flitsch.htm

„Das Gelingen dieses Gedankens erforderte natürlich ein längeres Verbleiben der italienischen 3. Armee bei Görz. Der linke Flügel unserer Isonzofront durfte daher nicht angreifen; ja selbst ein geschicktes Zurücknehmen dieses Flügels, um die Armee des Herzogs von Aosta nachzuziehen, wäre gerechtfertigt gewesen. Da man aber nicht die Vernichtung der Italiener, sondern nur ein Vorschieben der Front beabsichtigt hatte, entfiel dieser Gedankengang. Der sehr stark gehaltene linke Flügel. der Isonzofront, die beiden Armeen der Heeresgruppe Feldmarschall Boroevic, sollte ebenso angreifen, wie der rechte Flügel der Front. Aber das Glück wollte uns wohl. Die Heeresgruppe Boroevic kam trotz ihrer großen Stärke nicht recht vorwärts. Nur ihr rechter Flügel kam im Anschluß an die 14. Armee frühzeitig in die Ebene, aber doch nicht, ohne daß er von den rascher vorstürmenden Deutschen aus dem zugewiesenen Vorrückungsstreifen, Udine-Codroipo, nach Süden verdrängt wurde. Diese Sachlage brachte uns zweimal dem großen Wurfe nahe, die 3. italienische Armee abzufangen. Als die deutschen Truppen über Udine vorstürmten, indes die 3. italienische Armee noch weit im Osten gegen Boroevic kämpfte, wollte das XIV. Armeekommando mit einigen Divisionen nach Süden in den Rücken der Italiener einschwenken. Boroevic verlangte nun, daß diese deutschen Divisionen sobald sie in seinen Vorrückungsstreifen kamen, ihm unterstellt werden. Darauf wollte das XIV. Armeekommando nicht eingehen. Daher unterblieb diese entscheidende Unternehmung. Aber noch ein zweitesmal war uns das Glück hold. Die Deutschen hatten Codroipo erreicht und dort gewaltige Beute gemacht, als der nach Süden abgedrängte rechte Flügel der II. Isonzoarmee, die aus zwei Divisionen bestehende Gruppe Kosak, mit ihren vordersten Truppen die von den Italienern in Brand gesteckte Brücke bei Madrisio, südlich von Codroipo, erreichte. Die Brücke konnte gerettet werden. Das Glück hatte uns im günstigsten Zeitpunkt eine Tagliamentobrücke in die Hände gespielt. Der Kommandant der beiden Divisionen, Feldmaschalleutnant Ludwig Goiginger – das Gruppenkommando war weit rückwärts abgeblieben – erkannte die Lage ganz richtig und faßte den Entschluß, am nächsten Tage bei Madrisio Ufer zu wechseln, diese Brücke und die bei Latisana am westlichen Ufer zu besetzen und so der noch im Osten stehenden Armee des Herzogs von Aosta den Rückzug zu verlegen. Da kam am Abend ein Generalstabsoffizier des Heeresgruppen-Kommandos an, der den Befehl überbrachte, daß die Gruppe sofort nach Codroipo zu marschieren habe, das im Bewegungsstreifen der Heeresgruppe liege. Feldmarschalleutnant Goiginger gab die Lage und seinen Entschluß bekannt und sagte, daß in Codroipo die Deutschen stünden, daß also seine Anwesenheit dort keinen Zweck habe. Der Generalstabsoffizier betonte, daß der Befehl des Feldmarschalls Boroevic für alle Fälle gelte, auch dann, wenn in Codroipo schon deutsche Trugen stünden. Der General ließ sich durch diesen bestimmten Befehl leider von seinem einzig richtigen Entschluß abbringen. Die Gelegenheit zu entscheidendem Erfolg war unwiderruflich vorüber. Das schönste Urteil über den Durchbruch von Tolmein-Flitsch fällt die italienische Untersuchungskommission, die die Ursachen der Niederlage von Caporetto erheben sollte. Unter Hinweis auf die Tatsache, daß im Durchbruchsraum 238 italienischen Bataillonen nur 171 deutsche und österreichisch-ungarische gegenübergestanden sind, sagt die Untersuchungskommission: „Die Offensive stellte sich im Hinblick auf die geringe Zahl als eine Tat äußerster Kühnheit dar“ und fügt bei: „Die Genialität des Planes, der Feuereifer, die Energie und die Kühnheit, die neuen Methoden in Zeit, Raum und Kampfart sind anerkennenswert. Äußerste Ausnützung des unverhofften Anfangserfolges und unermüdliche Verfolgung verhinderten jede Rückhaltstellung. Der Feind führte seine Hauptkräfte mit großem strategischen Verständnisse bis an die äußerste Grenze der Leistungsfähigkeit von Mann und Material.“ Die beiden siegreichen Armeen, die deutsche, die ihre glanzvolle Wiedererstehung erleben wird, und die für immer versunkene alte k. u. k. Armee, die von verständnislosen Menschen so oft falsch beurteilt worden ist, sie können stolz sein auf dieses glänzende Lorbeerblatt in ihrem Ehrenkranze…“

Franz Liszt

Anno 1811 wurde unser großer deutscher Tondichter Franz Liszt im burgenländischen Dörfchen Raiding geboren. Zur Feier seines Geburtstages werden wir Panzertiere euch ein paar seiner Werke vorstellen. Gleich unseren alten Minnesängern fuhr unser Liszt durch aller Herren Länder und blieb nie lange an einem Ort. Es gibt mehr als 700 Werke von unserem alten Meister zu hören. Da hat man wahrlich die Qual der Wahl. Der Wanderer (nach Schubert) soll es sein: https://www.youtube.com/watch?v=41oBvZ0QCqM Eine Chronistin fand unser Tondichter in unserer Lina Ramann, welche ihrem Werk den passenden Namen „Franz Liszt als Künstler und Mensch“ gegeben hat: http://www.zeno.org/Musik/M/Ramann,+Lina/Franz+Liszt

„Das fünfte Thema ist der letzte Grundstein zum musikalischen Aufriß des Faust-Satzes. Seine musikalische und ästhetische Durchführung führt letzteren in eine neue Wendung: die Exposition der Symphonie ist beendet und das Geschick, dem Helden immanent, beginnt seine Kreise zu ziehen. Mephisto, symbolisch als Prinzip des Bösen, zieht ein, jedoch erst als Fausts „zweite Seele“ selbst in ihrem ersten schroffen Ausdruck (Ib) nicht mehr erklingt und das Grandioso-Thema, um eine Stufe kleiner geworden, das Wort behält: der Stolz des Ichs, abgelöst diesem Augenblick – von seiner früheren harmonischen Grundlage, von dem ringenden Ausdehnen zum Allkreis. Dieser kurze Moment genügt dem Dämon des Bösen, trotz Fausts pompösem Aufrichten, lauernd, unheimlich sich zu zeigen. Er hängt sich an den weltlichen 3/4-Takt des Grandioso und glättet in Spott die Skala, die jetzt von unten nach oben sich wendet, während dämonisch-glitzernde Triller im Quartenschritt des verkleinerten Grandiosomotivs von Takt zu Takt sie begleiten, um auf dem letzten Viertel des vierten Taktes mit kurzem Pff! (fz) der Becken zu enden und das Spiel von neuem zu beginnen. Nur sechzehn Takte währt es, doch bleiben seine Spuren. Die Entfaltung dieses Wendepunktes führt zu einer Verarbeitung der bisherigen thematischen Elemente. Wenn sich psychologisch ein Bild entwerfen läßt, das uns mit der Unmittelbarkeit eigenen Erlebens veranschaulicht, wie hart oder wie eng die beiden Reiche: hohes Streben und tiefes Irren, Gott- und Menschennatur nebeneinander liegen und sich berühren, so ist es in dem folgenden Teil. Die Themen schieben sich ineinander, sie bäumen sich auf, siegen, unterliegen in wildem Kampf, dessen chaotisches Wirren von den gelben Flammen der Dämonik durchblitzt ist. Da die angeführten Themen Leitmotive sind, steht ihre Durchführung unter dem poetischen Prinzip. Das Faustmotiv (Ia) tritt zweistimmig in der Engführung auf (Allegro agitato assai, E dur), aber seiner unentwegten Übergröße beraubt, schwankend zwischen dem Dur- und dem übermäßigen Dreiklang –, unter und über ihm das Gährungsmotiv (IIa), das wie eine Naturgewalt alle inneren Kräfte treibt und erregt. Nach dem ersten Thema erfaßt es sein eigenes flehendes Ergänzungsmotiv (IIb) und treibt und begleitet dessen kontrapunktische Durchführung. Wie von dämonischer Macht gejagt, rast es endlich nur noch in wilden Zuckungen dahin, um in sich selbst zusammenzusinken. Wie in einem Schrei treffen alle Instrumente auf einem Ton, auf As zusammen – hier zittert er noch fort, ein dumpfer Wehruf der gestopften Hörner, ebenfalls as, tönt hinein – der Ton steht still und – – setzt sich unerwartet fort in dem Anfangsthema: Nach nutzlosem Ringen, fernab vom erstrebten Ziel, sinkt Fausts Geist zurück in den Schoß der Trostlosigkeit. – Das Zusammenbrechen aller Kräfte aber auf dem Ton As, das Ruhen in ihm, wirft einen tief beziehungsvollen Schein auf die Grundfäden der tragischen Entwickelung: As (As dur) ist die Tonika des Gretchen-Satzes und der Gretchen-Themen, ebenso wie C der Grundton des Faust-Satzes und der Symphonie ist. Mit dem Hinwenden zur Einleitung, die sich unverändert Ton um Ton abspielt, beginnt eine Wiederholung des ersten Hauptteils, formell nach den bereits dargelegten Prinzipien. Die Grundlage bleibt sichtbar, trotz der umwandelnden Gedanken des nach irdischem Genuß verlangenden neu erwachten Lebensdranges. Das Ringen, jetzt den Dämon des Bösen hinter sich, hat andere Ziele wie vordem, aber bleibt faustisch groß. Ein warmer Pulsstrom füllt die Glieder, die vordem ausschließlich Geistesmuskeln waren, zu harmonischem Wohllaut, Stockungen kommen in Fluß, die mystische Episode fällt weg, die Vorahnung Gretchens dagegen wird zur neuen Lebenssonne, die Fausts Sinne durchglüht. Das Faustmotiv (Ia) erklingt zum Schlusse hin in strahlender Kraft des Durdreiklangs, nur das Sehnsuchtsmotiv (Ib) bleibt stehen in dem übermäßigen Ausdruck der großen Septime. Dieses auch beschließt den Faust-Satz. Der zweite Satz. – In ihm tritt uns Gretchen zum zweiten Male gedichtet entgegen. Bei Goethe knüpft sich die Lyrik an den Zauber ihrer Erscheinung, bei Liszt knüpft sie an sich selbst an: an den lyrischen Zauber ihres Wesens; Goethe entwickelt es durch Anschauungsbilder („Meine Ruh‘ ist hin“; „Ach neige, Du Schmerzensreiche“), Liszt entwickelt es unmittelbar aus dem Gefühl. In diesem Sinne sind beide Gretchen so eng verwandt, daß sie füglich in der Ergänzung der Mittelbarkeit und Unmittelbarkeit ihres Ausdrucks als identisch gelten können. Liszts „Gretchen“ atmet einen Duft und seelischen Zauber einer naiven Mädchenknospe, wie die symphonische Kunst zur Zeit kein zweites Beispiel besitzt, vielleicht auch nie besitzen kann, ebenso wie Goethes Gretchengestalt, die trotz ihrer nordischen Schwester Solveig, wohl für immer einzig bleiben wird, – einfach darum einzig bleiben wird, weil es Erscheinungen in der Kunst wie im Leben gibt, die nur ein Mal original, zu Typen werden, und als Abzüge mit Modifikationen sich fortsetzen. Der Gretchen-Satz fängt, wie der des Faust, mit einer Einleitung an. Im feinen psychologischen Gegensatz zu diesem jedoch ohne thematisch zu sein. Wie hätte auch ein unbeschriebenes Blatt, eine Unschuld, die „um nichts zur Beichte ging“, naturwahrer eingeführt werden können! Intoniert von Flöten und Klarinetten in dem reinen, zarten, poetischen Klang ihrer Mittellagen, formell gleich einer ersten Liedstrophe, die dreimal je eine Stufe tiefer wiederholt das letzte Mal mit einem kadenzierenden Anhang, schlendert die Einleitung harmlos, graziös und, im Hinblick auf den Mordent, „etwas schnippisch auch zugleich“ in das erste Gretchenthema, das der Oboe und Bratsche – beide Solo – übergeben ist. Im Liedstil sich fortsetzend, übernimmt bei seiner Wiederholung die Klarinette, von der Flöte verstärkt, die Melodie; anstatt der Bratsche begleitet die zweite Violine; die Fagotte treten mit anmutigen Melismen zur Begleitung und erhöhen den Zauber des Kolorits, deuten aber auch auf Faust hin in dem ihnen folgenden, von leisen Baßschritten – …“

Karl der Hammer, unser Retter des Abendlandes

„Da sprach der edle Siegfried: Mich verwundert sehr,

Man trägt uns aus der Küche doch so viel daher,

Was bringen uns die Schenken nicht dazu den Wein?

Pflegt man so der Jäger, will ich nicht Jagdgeselle sein.

Ich möcht es doch verdienen, bedächte man mich gut.

Von seinem Tisch der König sprach mit falschem Mut:

Wir büßen euch ein andermal, was heut uns muß entgehn;

Die Schuld liegt an Hagen, der will uns verdursten sehn.

Da sprach von Tronje Hagen: Lieber Herre mein,

Ich wähnte, das Birschen sollte heute sein

Fern im Spechtsharte: den Wein hin sandt ich dort.

Heute gibt es nichts zu trinken, doch vermeid ich es hinfort.

Da sprach der edle Siegfried: Dem weiß ich wenig Dank:

Man sollte sieben Lasten mit Met und Lautertrank

Mir hergesendet haben; konnte das nicht sein,

So sollte man uns näher gesiedelt haben dem Rhein.“

Heißt es da in unserem deutschen Nationalepos, dem Nibelungenlied. Wir sehen daraus, daß Met und Wein fest zum Heldentum dazu gehören. Und weil dem so ist, tut es Not unserem großen Feldherrn und Staatsmann Karl dem Hammer zu gedenken. Der hat nämlich unser Frankenreich innerlich gefestigt und äußerlich gegen die Sarazenen verteidigt. Sprich Anno 732 die Schicksalsschlacht von Tours und Poitiers geschlagen. Andernfalls müßten wir jetzt nämlich Fruchtsäfte und Früchtetee trinken, wenn wir auf unseren Karl den Hammer anstoßen wollten und so schließt sich der Kreis beim Heldentum sozusagen. Heimgegangen ist er Anno 741. Geboren wurde er um Anno 688-691 und regiert hat er das Frankenreich ab Anno 718. Von der Sicherung der Macht und allerlei klerikalen Unfug erzählt uns nun unser Chronist in Theodor Breysig in den Jahrbüchern des fränkischen Reiches: https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10800605_00001.html

„Die übrigen Enkel Pippins, die noch übrigen Söhne Drogos, Arnulf, Arnold, Drogo waren im Jahre 723 schon erwachsen, der älteste, Arnulf, war etwa 29 Jahre alt. Zwischen ihnen und ihrem Stiefoheime hat wahrscheinlich stets eine feindliche Gesinnung bestanden; im Jahre 723 wenigstens wurden wahrscheinlich Arnold und Drogo in Fesseln gelegt und starben in demselben Jahres. Welcher Art die Unternehmungen dieser Enkel Plektruds gewesen seien, so daß sie Karl zu einem solchen Einschreiten Veranlassung gegeben haben mögen, ist unbekannt; nur läßt sich vermuten, daß, als Karl im Jahre 723 in eine so schwere Krankheit verfiel, daß einige Annalisten ihrer erwähnen, die Stiefneffen in der Hoffnung, es würde Karl sterben, vorbereitende Handlungen zu einer Schilderhebung ihrer Familie unternommen haben; denn es regte sich zu gleicher Zeit auch der einstige Majordomus von Neustrien, Raganfred; er begann mit Hilfe der Bewohner von Angers eine Empörung gegen Karl. Im folgenden Jahre 724 wurde dadurch ein Zug Karls gegen Raganfred nötig, der trotz der Verwüstung der Umgebung und Belagerung der Stadt nicht zur Übergabe gezwungen werden konnte; denn Karl ging mit ihm einen Vertrag ein, demgemäß Raganfred für seine Lebenszeit die Grafschaft Angers behielt, seinen Sohn aber als Bürgen seiner Unterwerfung dem Majordomus überlieferte. Unterdessen war im Frühjahre 723 Bonifaz an den Hof des Majordomus gekommen. Es war für den letzteren eine Frage von der weitgreifendsten Bedeutung, ob er den Glaubensboten des Bischofs zu Rom in seinen Bekehrungen unterstütze, da ihm nicht fremd sein konnte, daß er in diesem Falle für die Stellung der Geistlichkeit einen anderen Weg anbahne, als bisher im merowingischen Reiche eingehalten worden war; denn niemals hatten die Merowinger die Oberhoheit des römischen Bischofs über die fränkische Kirche anerkannt; der Klerus war einem solchen Verhältnis vollkommen entgegen. Zwar fordert Gregor II. in seinem Briefe nur für die Bekehrung der germanischen Völker auf der Ostseite des Rheins die Unterstützung Karls, doch sagt er ausdrücklich, daß Bonifaz mit den Anordnungen des heiligen apostolischen Stuhles bekannt gemacht worden sei; daß diese aber die Forderung einschließen, die Bekehrten durch die römischen Glaubenssatzungen in enge Beziehung zu Rom und Abhängigkeit vom Papste zu bringen, war allgemein bekannt. Das Erscheinen des römischen Glaubensboten, dessen Gesinnung und Tätigkeit der fränkischen Geistlichkeit aus seinen Bekehrungen in Friesland, Thüringen, Sachsen und Hessen bekannt war, an dem merowingischen Hofe gab dem Klerus Veranlassung, seinen Einfluß auf den Majordomus geltend zu machen; man verdächtigte den Ruf des Bischofs und seiner Schüler, man suchte ihm Hindernisse zu bereiten, seinen Zweck am Hofe zu erlangen. Und anfangs war Karl zurückhaltend, empfing Bonifaz nicht mit den von diesem erwarteten Ehrenbezeigungen, doch gab er ihm noch in diesem Jahre, nachdem der Missionar des Majordomus faktische Herrschaft anerkannt und sich seinem Schutze anheimgegeben hatte, den von Gregor II. erbetenen Schutzbrief. Karl wendet sich an die Bischöfe, an alle seine Beamten höheren und niederen Grades, an deren Untergebene, und an diejenigen Personen, welche unter dem Namen Freunde in einem ziemlich freien Verhältnis; der Zugehörigkeit stehen. Er tut Allen kund, daß er den Bischof Bonifaz aus dessen Bitten freudig in seinen Schutz (Mundium) genommen habe, und gewährt ihm die damit gewöhnlich verbundenen Begünstigungen in Bezug auf die gerichtlichen Verhältnisse. Sie bestanden darin, daß, wenn Bonifaz oder einer seiner Beauftragten oder Angehörigen bei irgend einer Angelegenheit gegen die rechtliche Verhandlung einen Einwand mache oder ihm Zwang auferlegt werden solle, welcher dem Gesetze gemäß nicht festgesetzt werden könne, die Angelegenheit vor Karl gebracht werde, bis dahin aber Bonifaz und seine Angehörigen unbeunruhigt bleiben sollten…“