„Die Hauptschlacht ist um ihrer selbst willen da, um des Sieges willen, den sie geben soll, und der in ihr mit der höchsten Anstrengung gesucht wird. Hier an dieser Stelle, in dieser Stunde den Gegner zu überwinden, ist die Absicht, in welcher der ganze Kriegsplan mit allen seinen Fäden zusammenläuft, alle entfernte Hoffnungen und dunkle Vorstellungen von der Zukunft sich zusammenfinden; es tritt das Schicksal vor uns hin, um die Antwort auf die dreiste Frage zu geben. – Dies ist die Geistesspannung, nicht bloß des Feldherrn, sondern seines ganzen Heeres bis zum letzten Troßknecht hinab; freilich in abstufender Stärke, aber auch in sich abstufender Wichtigkeit. Zu allen Zeiten und nach der Natur der Dinge waren Hauptschlachten niemals unvorbereitete, unerwartete, blinde Dienstverrichtungen, sondern ein großartiger Akt, der aus der Masse der gewöhnlichen Tätigkeiten teils von selbst, teils nach der Absicht der Führer hinreichend hervortritt, um die Spannung aller Gemüter höher zu stimmen. Je höher aber diese Spannung auf den Ausgang ist, um so stärker muß die Wirkung desselben sein.“ (Carl von Clausewitz, „Vom Kriege“)
Anno 732 wird es auch so bei Tours und Poitiers gewesen sein. Denn hier schlug unser fränkischer Hausmeier den Arabersturm ab. Deren Monty Rahman fand auf der Walstatt den Tod und sein Heer entfloh in der folgenden Nacht. Für die Sarazenen änderte ihre Niederlage in Gallien wenig. Sie saßen weiterhin ungestört in Spanien und erst Karls des Hammers Enkel Karl der Große sollte sie dort bekriegen. Wir Deutschen kämpften bei Tours und Poitiers dagegen mal wieder um unser Dasein. Denn ob unser Frankenreich eine schwere Niederlage überstanden haben würde muß bezweifelt werden. Unser Westgotenreich hat sich von seiner Niederlage Anno 711 am Fluß Guadalete nicht wieder erholen können und keine zweite Feldschlacht gegen die Sarazenen zustande gebracht… Wie stark beide Heere waren, wissen wir nicht. Die Mönche übertreiben aber, wenn sie sie uns von 370,000 erschlagenen Sarazenen berichten. Vernichtet wurde das Heer der Sarazenen in der Schlacht von Tours und Poitiers nicht, sondern flüchtete nach dem Tod seines Montys Rahman. Karl der Hammer rechnete eigentlich mit einer Erneuerung des Kampfes und vermutete daher einen Hinterhalt der Sarazenen als er deren Feldlager am nächsten Morgen verlassen fand. Bei den Sarazenen muß man da ja immer auf der Hut sein, da diese oftmals solche Schliche versuchen. Man denke hier an die Schlacht bei Kroton Anno 982… Bevor Karl der Hammer die Sarazenen bei Tours und Poitiers schlagen konnte, mußte er zuerst einmal das Frankenreich erneuern und ordnen und so begeben wir uns bei unserem Chronisten Theodor Breysig („Jahrbücher des fränkischen Reiches. 714 – 741“) mit unserem Hausmeier nach Bayern: https://reader.digitale-sammlungen.de//de/fs1/object/display/bsb10800605_00001.html
„Karl war im Jahre 728 zum zweiten Male in Bayern und hatte daselbst zu kämpfen; über die Veranlassung des Heereszuges sowie dessen Folgen liegen keine sicheren Nachrichten vor. Es scheint, daß Herzog Grimoald nicht die ihm im Jahre 729 auferlegten Bedingungen im Verhältnis; zu Hukbert gehalten habe, Karl aber diesem zu Hilfe gezogen sei und Grimoald zur Ruhe gezwungen habe. Erst im folgenden Jahre 729 fiel letzterer durch Meuchelmörder, so daß seitdem Hukbert der alleinige Herzog Bayerns wird. Da die Zustände dieses Landes seit 728 so geordnet blieben, daß bis zum Tode Karls 741 kein neuer Kriegszug dahin nötig war, so ist es klar, daß Karl an dem Herzoge einen ergebenen Klienten hatte und die Verhältnisse des Herzogs zu dem fränkischen Könige und Majordomus einen festen Abschluß bei der letzten Anwesenheit Karls in Bayern erhalten haben. Zu dieser Zeit mag es geschehen sein, daß die rechtlichen Verhältnisse des Herzogs zu dem merowingischen Könige durch einen Zusatz zu dem alten bayrischen Gesetze genauer bestimmt wurden, daß in ihnen eine größere Unterordnung des Herzogs unter den fränkischen König ihren Ausdruck fand. Während nämlich in den andern Teilen des Gesetzbuches der König nur zweimal erwähnt wird, geschieht dies häufiger in den beiden ersten Titeln, ja es behandelt ein Abschnitt sogar ausdrücklich die Abhängigkeit der bayrischen Herzöge von den fränkischen Königen. Nach diesem Zusatze hat der König das Recht, den Heerbann aufzubieten, den Verbrechern im Heere das Leben zu schenken, den Befehl zu geben, einen Menschen zu töten, sowie es der Herzog selbst im Lande hat. Der König schützt den Herzog gegen dessen Söhne, wenn sie ihn der Regierung berauben wollen, er aber weder blind noch taub ist und den Befehlen des Königs in allen Verhältnissen nachkommen kann. Wenn der rebellische Sohn der einzige überlebende Erbe ist, so steht es in des Königs Macht, die Erbschaft, wem er will, zu schenken. Wenn aber der regierende Herzog die Beschlüsse des Königs nicht befolgt, so soll er des Geschenkes, das ihm mit der Würde des Herzogtums gegeben worden ist, verlustig gehen, er soll wissen, daß er verdammt sei und die Kraft des Heils ihm verloren gehe. Da nach diesen Zusätzen der König und Herzog dieselben Rechte haben, der Herzog aber doch nur der Stellvertreter der höheren königlichen Gewalt ist, wenn er auch nach den ältesten Bestimmungen des Gesetzes aus der Familie der Agilolfinger stammen muß und das Volk bei seiner Wahl beteiligt ist, indem der fränkische König den Herzog zu bestätigen hat; so ist die Verwandelung des im alten Gesetz für einen Anschlag auf des Herzogs Leben oder seine Ermordung fest gesetzten Wehrgeldes in Todesstrafe und Güterkonfiskation dahin zu erklären, daß in der Person des Herzogs der Stellvertreter des Königs beim Volke in ein höheres Ansehen gesetzt werden sollte. Wenn schon die Angelegenheiten Bayerns durch die spärlichen Nachrichten sehr dunkel blieben, so sind die Darstellungen der alamannischen und sächsischen Verhältnisse in den Jahren 725-730 gänzlich auf Vermutungen verwiesen. Der Herzog Lanfrid zeigt durch die von ihm mit Genehmigung seiner Großen und des gesamten Volkes unternommene Gesetzesrevision, daß er eine ganz unabhängige Stellung von dem Frankenreiche einnahm; denn bisher hatten die Könige der Franken die Gesetze der Alamannen aufschreiben und revidieren lassen. Die Veränderungen aber, die von Lanfrid gemacht werden, beziehen sich keineswegs auf eine selbständige Stellung gegen den fränkischen Fürsten, sondern zeigen alle nur einen der Geistlichkeit sehr günstigen Sinn; denn es werden die Vergehen gegen die Sicherheit der Personen und Sachen, die der Kirche gehören, mit strengen Strafen belegt, oder sie fügen zu der weltlichen Strafe noch die kirchliche hinzu; sie dehnen das Eheverbot auf die Verheiratung mit der Tochter der Schwester aus, sie erklären für unstrafbar, in seinem Hause und in der Kirche Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Ob Lanfrid diese Veränderungen gemacht habe, um sich in der Geistlichkeit eine Partei gegen diejenigen Alamannen zu gewinnen, welche mit den Aufständischen gegen die Franken nicht einverstanden waren, ob er dadurch beabsichtigte, die alten Standesunterschiede des Volkes wiederherzustellen, sind nur vage Vermutungen. Wann aber Lanfrid diesen Schritt zur Lösung des bestehenden Rechtsverbandes zwischen seinem Herzogtume und dem Frankenreiche getan hat, läßt sich mit einiger Sicherheit feststellen. Da Karl mit seinem Heerbann 725 und 728 durch Alamannien nach Bayern zog, so ist es sicher, daß unter solchen Verhältnissen der Abfall nicht gewagt werden konnte; eine passendere Zeit war das Jahr 729, in welchem Karl einen Heereszug gegen die Sachsen zu unternehmen beschloß und ihn vorbereitete. Der Sachsenkrieg wird aber nicht begonnen, dagegen zieht Karl im Jahre 730 gegen Lanfrid; demnach ist es sehr wahrscheinlich, daß der im Jahre 729 beginnende Abfall des Alamannenherzogs den Majordomus bewogen habe, den Sachsenkrieg aufzugeben, und seine Macht im folgenden Jahre gegen den Südosten zu wenden. Lanfrid stirbt im Jahre 730 eines natürlichen Todes. Der Kampf scheint durch diesen Todesfall beendigt zu sein; Karl ließ die Veränderungen im Gesetze bestehen, verwarf also nicht, was die Großen des Reichs mit Lanfrid unternommen hatten, wozu das Volk seine Beistimmung gegeben hatte; es ist wahrscheinlich, daß er mehr mit der persönlichen Haltung des Herzogs als mit dem Verhalten des alamannischen Volkes unzufrieden gewesen sei. Welche Einwirkung Karl auf die Nachfolger gehabt, wird nicht überliefert; es ist ja überhaupt unbekannt, nach welchem Rechte, ob durch Erbschaft, ob durch Wahl die alamannischen Herzoge einander gefolgt seiend) Die Verhältnisse des Jahres 730 machen es wahrscheinlich, daß der Bruder Lanfrids, Theutbald, die Regierung übernommen habe, nachdem er Karl Gehorsam gelobt hatte. Feindseligkeiten gegen Karls Schützlinge büßte Theutbald etwa im Jahre 732 mit seiner Vertreibung. Erst nach dem Tode Karls 741 kehrt er zurück und beginnt vom Elsaß aus einen Aufstand. Alamannien wird aber von Karl selbst im Jahre 741 seinem Sohne Karlmann als den ihm zufallenden Reichsteil zugeteilt, und daraus ist mit Sicherheit zu entnehmen, daß in den letzten Jahren Karl Martells, etwa seit der Vertreibung Theutbalds, Alamannien in enger Abhängigkeit zu dem fränkischen Reiche gestanden habe. Es fehlte seitdem nur noch die strengere Abhängigkeit Burgunds und Aquitaniens, um die Macht des merowingischen Reiches zu den Zeiten seiner Blüte wiedergewonnen zu haben, und Karl wurde durch die Verwickelungen beider Länder mit den Sarazenen in ihre Verhältnisse derart hineingezogen, daß es ihm gelang, aus ihrem Schutzherrn ihr unmittelbarer Herr zu werden…“